Vom 17. bis 19. September 2021 finden in einem alten nicht kaputtrestaurierten, schön gelegenen Gutshaus im vorpommerischen Ramin die 1. Raminer Literaturgespräche statt.
Dort kommen 10 Künstler:innen und/oder Autor:innen zusammen, die sich in dieser Konstellation sonst wahrscheinlich nie leibhaftig begegnet wären. Zwei Tage und zwei Nächte tauschen sie sich in Lesungen, Vorträgen und Gesprächen aus über Dinge, die ihnen im Augenblick wichtig sind. Das geschieht ohne Druck und völlig offen. Dass es trotzdem ein thematisches Leitmotiv gibt, liegt an Sardanapal, dem letzten König des altassyrischen Weltreichs, der bereits vor 2800 Jahren die Schnauze voll hatte von Repräsentation, Macht und Krieg und lieber Feste feierte – gern auch in Frauenkleidern. Für ihn gab es, wenn man dem Mythos glauben will, nur ein einziges Gesetz: „Iss! Trink! Mach Liebe! Der Rest ist ohne Wert.“ Aber dieses Gesetz sollte genauso auch für alle seine Untertanen gelten. Das war sein Wille. Dafür setzte er sich ein. Er wollte Verantwortung und Hedonismus gleichzeitig und keine persönlichen Privilegien. Das Volk aber wollte sich diesem Gesetz nicht unterwerfen. Es stürzte den König. Die Umsetzung des Plans, eine Gesellschaft auf solidarischer Triebbefriedigung aufzubauen, scheiterte grandios, und zwar dermaßen grandios, dass das Scheitern von manchen als Sieg gefeiert wurde. Näheres kann man bei dem englischen Dichter George Lord Byron (1788–1824 ) in seinem Stück „Sardanapal“ lesen und auf dem Gemälde „Der Tod des Saradanapal“ des französischen Malers Eugene Delacroix (1798–1862) sehen.
Diese uralte Geschichte kommt einem in einer Gesellschaftsordnung wie der unsrigen, die Reichtum und „Fun“ als letztlich einzige Orientierungen anbietet, sehr gegenwärtig vor, auch deshalb, weil die Hauptmerkmale der Kritik daran sich damals wie heute aus moralischem Kalkül, Intoleranz und autoritärem Machtanspruch zu speisen scheinen. (Carl Hegemann)
Nach seinem Studium der Philosophie, Soziologie und Literaturwissenschaften in Frankfurt am Main promovierte er 1982 mit einer Dissertation über Identität und Selbst-Zerstörung. Grundlagen einer historischen Kritik moderner Lebensbedingungen bei Fichte und Marx. Er war Gastprofessor an der HDK Karlsruhe sowie Professor für Dramaturgie an der HMT „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig. Seine Arbeit als Dramaturg führte ihn an zahlreiche Theater und Opernhäuser, so an das Burgtheater in Wien, nach Freiburg, Bochum, Köln, Zürich, Hamburg oder zu den Bayreuther Festspielen und nicht zuletzt an das Opernhaus in Manaus in Brasilien. Von 1996 bis 1998 war er Ko-Intendant am Berliner Ensemble. In der Zeit zwischen 1992 und 2017 arbeitete er immer wieder an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin unter der Leitung von Frank Castorf, insgesamt 15 Jahre, zuletzt als Chefdramaturg. Seine Arbeiten mit Castorf, Christoph Schlingensief, René Pollesch, Herbert Fritsch und dem Bühnenbildner Bert Neumann waren für das Theater prägend. 2018 gründete er die dramaturgische Beratungsagentur „Everday live“. Der Titel ist zugleich der Untertitel seines jüngsten, 2021 erschienenen Buches Dramaturgie des Daseins. Darin nimmt er in einem Gespräch mit Boris Groys Bezug auf ein Stück von René Pollesch – Solidarität ist Selbstmord. Hegemann ist Kurator der 1. Raminer Literaturgespräche. Der Titel des Projektes lautet Solidarischer Hedonismus.
Er studierte zunächst Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaft an der Universität Konstanz und danach Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Für sein erstes Theaterstück Der große Marsch, das 2011 bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen uraufgeführt wurde, erhielt er den „Kleist-Förderpreis“ für junge Dramatiker. Im selben Jahr wurde er für Einige Nachrichten an das All von Theater heute zum „Nachwuchsautor des Jahres“ gewählt. Es entstanden zahlreiche Stücke, die von Weimar bis Wien ihre Uraufführung erlebten und vielfach mit renommierten Preisen ausgezeichnet wurden, darunter 2013 mit dem „Förderpreis Komische Literatur“ oder 2015 mit dem „Nestroy-Theaterpreis“. Über sein Buch Monologe von 2014 schrieb Carl Hegemann: „Was Wolfram Lotz macht, ist schwarze Romantik. Er ironisiert die Ironie und schafft lebendige Denkbilder, die der grassierenden Gedankenlosigkeit des Theaters etwas nie Dagewesenes entgegensetzen. Genieverdacht.“
Seit 2008 entstanden fünf Stücke, die unter seiner Regie aufgeführt wurden und in denen er auch selbst spielt. Für seinen musikalischen Monolog Die Zeit schlägt dich tot erhielt er 2012 den Alfred-Kerr-Preis und 2014 den Ulrich-Wildgruber-Preis für seine Arbeit als Schauspieler, Autor und Regisseur. Nach seinem Schauspielstudium in Bochum gehörte er von 2000 bis 2005 zum Ensemble der Volksbühne Berlin. Er spielte u. a. am Schauspielhaus Zürich, am Burgtheater Wien und bei den Wiener Festwochen, am Schauspiel Köln, an den Münchner Kammerspielen, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und immer wieder an der Volksbühne, so in dem zusammen mit René Pollesch produzierten Stück Kill your Darlings! Streets of Beriadelphia. Zur Premiere am 9. Oktober 2019 eroberte er mit dem Stück Glauben an die Möglichkeit der völligen Erneuerung der Welt, das er abermals gemeinsam mit René Pollesch entwickelt und inszeniert hatte, als Schauspieler und Tänzer den Berliner Friedrichstadt Palast. Dafür wurde er 2020 zum wiederholten Mal in der Kritikerumfrage von Theater heute (Deutschland, Österreich, Schweiz) zum „Schauspieler des Jahres“ gewählt und im selben Jahr zusammen mit Pollesch für den Friedrich-Luft-Preis und den Nestroy-Preis für Beste Regie nominiert. Auch als Film- und Fernsehschauspieler ist Fabian Hinrichs bekannt geworden. 2005 erhielt er den New Faces Award für seine Darstellung des Hans Scholl in dem Oscar-nominierten Film Sophie Scholl – Die letzten Tage sowie 2010 den Max-Ophüls-Preis Schauspiel.
Die Zeitschrift Theater heute kürte ihn zum Nachwuchsregisseur des Jahres 2019. Seine Stücke feierten an großen deutschen Bühnen ihre Uraufführung, darunter an der Volksbühne Berlin, am Schauspiel Frankfurt, am Theater Bonn oder am Schauspiel Chemnitz, in Kooperation mit dem Theater an der Parkaue Berlin. Er erhielt zahlreiche Preise, so den Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis 2015 für Traurigkeit & Melancholie und zuletzt den Friedrich-Luft-Preis 2018 für seine Oper Drei Milliarden Schwestern, die im selben Jahr an der Volksbühne Berlin uraufgeführt wurde. Über sein bisher letztes Stück, Das Deutschland, das der Autor in eigener Regie am ETA Hoffmann Theater Bamberg herausbrachte, heißt es, „Bonn Park hat ein Stück geschrieben und inszeniert, das so ungerührt ins Herz der netten deutschen Mitte zielt, dass man sich fragt, ob nicht genau dort der Echoraum angesiedelt ist, der den anschwellenden Bocksgesang vom rechten Rand der Republik verstärkt.“ (Jürgen Berger)
Als freie*r Künstler*in und Autor*in verfolgt Lynn Takeo Musiol unterschiedliche Wege. Nach dem Studium der Soziologie, Islamwissenschaften und der Internationalen Kriminologie in Hamburg, Budapest und Amman richtete sie*er den künstlerischen Blick auf Klima, Klasse und Queerness – zuletzt als kuratorische*r Assistent*in beim Herbstsalon des Maxim Gorki Theaters und als Kurator*in des Laboratory of Contested Space der Jungen Akademie Berlin. Seit 2019 ist sie*er Stipendiat*in der Akademie der Künste in Berlin. Zusammen mit Eva Tepest veröffentlicht sie*er Prosa, Essays und Kritik. In ihrem gemeinsamen TT-Blog zum Zustand des Theaters heute, veröffentlicht am Tag der Arbeit 2020, lesen wir: „Ich erwarte dich als Jüngling, Theater, und fand einen Saab 900 Turbo mit Lammfell auf dem Beifahrersitz […] wenn es darum geht, nach draußen zu schauen und anzuhalten, am Wegesrand den Blick auf unwegsame Weite, ziehst du einfach weiter. Weil du verkennst, dass der Boden, auf dem du fährst, für andere nicht begehbar ist.“
Sie wuchs in Wien, wo sie geboren wurde, und Warschau auf, studierte Volkswirtschaft in Wien und absolvierte später ein Studium am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Sie ist in verschiedenen Projekten vernetzt, die sich mit Literatur und Theater befassen. 2013 erhielt sie das Österreichische START-Stipendium für Literatur und 2018 den Exil Preis für Prosa. 2019 inszenierte und moderierte sie in Leipzig die Reihe Szenogramme I und II. 2021 wurde Das verkommene Land von ongoing project in Leipzig produziert. Sie gibt Kurse zum Kreativen Schreiben für Frauen mit Migrationserfahrung und für geflüchtete Frauen. Zudem veranstaltet sie Workshops zur Stärkung einer Haltung gegen Alltagsrassismus an Schulen in der Gesellschaft für Gemeinsinn. 2020 erschien im Residenz Verlag Roter Affe, ihr erster Roman. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt Oliver Jungen über ihr Debüt, „ein philosophisch hintergründiger, sprachlich-symbolisch souveräner und psychologisch intensiver Roman […], der in seinem alle Innerlichkeit und alles dunkle Pathos begleitendem Beharren auf einer haptisch greifbaren Diesseitigkeit […] zum manischen Realismus gezählt werden darf, dem spannendsten Untergenre der Gegenwartsliteratur“.
Hier arbeitet sie mit Regisseuren wie Sebastian Baumgarten, Robert Wilson, Tilmann Köhler, Bernadette Sonnenbichler, David Bösch und Evgeny Titov zusammen. Seit kurzem leitet sie, gemeinsam mit Schauspieler Wolfgang Michalek, das Schauspielstudio der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig am Düsseldorfer Schauspielhaus. Ortiz gastierte bei den Salzburger Festspielen, bei den Bayreuther Festspielen und an der Oper Lyon. Ihr besonderes Interesse gilt spartenübergreifenden Produktionen. Als Musikwissenschaftlerin mit Schwerpunkt modernes und zeitgenössisches Musiktheater promovierte Janine Ortiz über die späten Opern Franz Schrekers, publizierte Bücher und Essays über das Schaffen des Komponisten und begleitete mehrfach Inszenierungen und Einspielungen seiner Werke. 2017 erschien ihr Buch „Nun ist alles beim Teufel“. Franz Schrekers späte Opern. Seit 2006 verfasst sie zudem Genreliteratur in den Bereichen Horror und Urban Fantasy unter Pseudonym.
Sein Debütroman Das Licht und die Geräusche erschien 2017. Für seine Filme und Drehbücher erhielt er zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Er studierte zunächst Visuelle Kommunikation an der Kunsthochschule Kassel, Audiovisuelle Medien an der Kunsthochschule für Medien Köln, er ist Absolvent der Drehbuchwerkstatt München und war Stipendiat der Warschauer Andrzej Wajda Master School of Directing. Sein erster Film Über uns das All erlebte 2011 bei den 61. Internationalen Filmfestspielen in Berlin seine Uraufführung innerhalb der Sektion „Panorama Special“. Im Wettbewerb des 43. Internationalen Film Festival Rotterdam feierte sein zweiter Spielfilm Vergiss mein Ich Weltpremiere, sein dritter Spielfilm Der göttliche Andere kam 2020 in die deutschen Kinos. Gemeinsam mit Maria Schrader schrieb er das Drehbuch für ihren Film Vor der Morgenröte über Stefan Zweigs letzte Lebensjahre im brasilianischen Exil mit Josef Hader in der Hauptrolle. Für das ebenfalls zusammen mit Maria Schrader verfasste Drehbuch für ihre Screwball-Komödie Ich bin dein Mensch von 2021 erhielten beide eine Nominierung für den Deutschen Filmpreis in der Kategorie „Bestes Drehbuch“.
Während seiner Arbeit als Assistent für Christoph Schlingensief machte er erste Theatererfahrungen. Er studierte Geschichte und Philosophie in Berlin und danach Dramaturgie in Leipzig. Von 2016 bis 2020 war er Dramaturg am Schauspiel Köln. Auf der Berlinale 2012 feierte sein erster Kurzfilm Sometimes we sit and think and sometimes we just sit Premiere. „Ein Kammerstück im wahrsten Wortsinne, präsentiert dieser Film nicht nur den originellsten Titel, sondern auch das auf sparsame Art skurrilste Setting […] Da haust er nun wie der alte Diogenes in seiner Tonne und strahlt diese seltene Aura der Selbstgenügsamkeit aus, die alle um ihn herum anzieht“, heißt es in der Kritik. Es folgten weitere Filme für Kino (Whatever Happens Next) und Fernsehen, Theaterstücke und Prosa. 2013 erschien im Alexander Verlag sein Essay Verschwende Deine Zeit, inzwischen in dritter Auflage. Julian Pörksen geht es um Entschleunigung. Es geht ihm um die Darstellung von Gefangensein in der Leistungsgesellschaft, vor allem aber um den Ausbruch aus der Zeitverwertungsökonomie“. Er findet Bilder als Autor und Regisseur, die voller Humor, bisweilen Selbstironie unsere Gesellschaft durchleuchten. „Theater, das in der reflexiven Endlosschleife angekommen ist“, schreibt Carl Hegemann über das Stück Wir wollen Plankton sein, „könnte man meinen, sei ein absoluter Endpunkt, ein leeres Abspulen, das sich totläuft, Pörksen hat das Kunststück vollbracht, aus dieser Sackgasse so etwas wie einen Höhenflug zu machen“. Für seine Arbeiten erhielt er wichtige Preise, den Förderpreis der DEFA-Stiftung, den Kompagnon-Förderpreis der Berlinale 2019 sowie den Ivan-Illich-Preis.
Freitag // 17.09. // 20:00 – 22:00
Solidarität im Kapitalismus?
Lesungen und Gespräche 1. Tag
Samstag // 18. 09. // 17:00 – 20:00
Aufstieg und/oder Ausstieg?
Lesungen und Gespräche 2. Tag
Sonntag // 19.09. // 11:00- 12.30 Uhr
Freiheit jenseits von Hedonismus und Askese?
Lesungen und Gespräche 3. Tag
Anmeldungen ausschließlich per Mail unter Angabe der vollständigen Kontaktdaten und der gewünschten Tage unter info@projekte.art
Weitere Infos (Tickets, Anreise- und Übernachtungsmöglichkeiten, Verpflegung vor Ort etc.) werden anschließend per Mail verschickt.
Aufgrund der Platzkapazitäten sind die Zugänge limitiert.